Plettenberger Schützengesellschaft 1836 e. V.

Das Offiziercorps der PSG

​

von F. Michael Menschel

​

Der Ausdruck 'Offizier' stammt aus dem Lateinischen, von 'officiarius' = Inhaber eines Amtes.

​

Da sich im Mittelalter die Bürger nach Aufforderung durch den Bürgermeister und Magistrat an der Verteidigung einer Stadt beteiligen mussten, entstand eine sogenannte Bürgerwehr, aus der sich dann später die Schützengesellschaften gebildet haben.

​

Aufgrund dieser Entstehungsgeschichte ist es nachvollziehbar, dass die Schützengesellschaften von Anfang an eine hierarchische Struktur aufwiesen und damit ein Offiziercorps zwingender Bestandteil der Gesellschaften war. So auch in der Plettenberger Schützengesellschaft:

​

Das 'Schützencorps' bildete gemäß der allerersten Satzung aus dem Jahre 1836 eine 'Compagnie', wobei als Vorgesetzte dieser 'Compagnie' ein Offiziercorps gewählt wurde; dieses bestand in seiner Struktur aus folgenden Offizieren:

1. ein Hauptmann;

2. vier Offiziere;

3. acht Unteroffiziere;

4. ein Fahnenjunker;          

5. zwei Fähnriche;

6. ein Feldwebel, welcher zugleich die Geschäfte eines Rechnungsführers und 'Secretairs' versah.

 

Gemäß § 10 der ursprünglichen Satzung war jeder Schütze diesen Vorgesetzten 'Gehorsam zu leisten schuldig'.

​

Interessant ist, dass seinerzeit das Offiziercorps zugleich den Vorstand der Schützengesellschaft bildete und mithin insoweit eine Personalidentität bestand. Aus dem Vorstehenden ist ersichtlich, welche gravierende Bedeutung die Gründerväter unserer Gesellschaft von Anfang an dem Offiziercorps beigemessen haben.

 

Aber auch nach mittlerweile 175 Jahren und einem Wachsen des Mitgliederbestandes auf mehr als 950 Mitglieder ist das Offiziercorps ein wichtiger Teil des Fundamentes der Schützengesellschaft insgesamt. Mit dem Anwachsen der Mitgliederzahl war naturgemäß auch eine entsprechende Vergrößerung der zu bewältigenden Aufgaben verbunden, so dass im Laufe der Jahre Vorstand und Offiziercorps separate Funktionseinheiten bildeten. Für zusätzliche Aufgaben wurden weitere Kommissionen eingerichtet, zuletzt auf Vorschlag von Oberst Rolf G. Wilmink die Historienkommission für die Aufarbeitung der Geschichte der PSG.

​

Das Offiziercorps stellt demgegenüber satzungsgemäß keine Kommission dar, sondern hat gemäß § 18 der vorgenannten Satzung einen eigenständigen Status innerhalb der Funktionsträger der Gesellschaft. Dort ist die primäre Aufgabe des Offiziercorps wie folgt geregelt:

 

"Bei allen öffentlichen Auftritten, besonders während des Schützenfestes und bei festlichen Umzügen, übernimmt das Offiziercorps die Führung …   Den Anordnungen der Offiziere ist im Rahmen ihrer vom Oberst gegebenen Anweisungen Folge zu leisten."

 

Nach der Satzung stellt daher die Organisation des Schützenfestablaufes - und aller öffentlicher Auftritte - die Primäraufgabe des Offiziercorps dar. Dies beschränkt sich natürlich nicht nur auf die Festumzüge, sondern hierzu gehören weiter exemplarisch genannt folgende Maßnahmen:

das Schmücken der Innenstadt mit Birkengrün, Fähnchengirlanden und Fahnen, das Dekorieren der Schützenhalle, sowie das Schmücken bei den alten und neuen Majestäten. Weitere Aufgaben liegen in der Organisation und Durchführung des Huldigungsmarsches der Kinder zur Königin, im Verteilen und Kassieren der Biergerichtsurteile während des Biergerichts, im Besuch erkrankter Mitglieder der Gesellschaft am Schützenfestsonntag im Krankenhaus sowie im Ausstaffieren der Festzugwagen für die jeweiligen Majestäten und deren Thron. Bei der Gestaltung der Krönung der neuen Majestäten übernimmt das Offiziercorps ebenfalls einen wichtigen Part, besonders auch beim anschließenden Großen Zapfenstreich.

 

Die Fahnen der Plettenberger Schützengesellschaft werden von Fähnrichen - Mitgliedern des Offiziercorps - bei allen Einsätzen getragen, sowie von Fahnenoffizieren begleitet. Auch bei Einladungen durch andere Schützenvereine - beispielsweise zu Jubiläen - stellt das Offiziercorps immer eine Abordnung zur Verfügung. Am Volkstrauertag nimmt das Offiziercorps nebst Fahnen an der Gedenkveranstaltung am Ehrenmal teil.

  

Sind Arbeitseinsätze zu leisten - seien es beispielsweise Arbeiten am Schießstand, Erhaltungsmaßnahmen in der Schützenhalle oder die Renovierung des Kriegerdenkmals -, so ist das Offiziercorps stets ein verlässlicher Ansprechpartner und bereit, nach besten Kräften mitzuarbeiten.

 

Ein ganz wichtiger Aufgabenbereich liegt in der Nachwuchsarbeit. Bereits beim frühest möglichen Kontakt mit der Schützengesellschaft als Jungschütze im zarten Alter von ca. 10 Jahren wird man vom Offiziercorps "in Empfang genommen". Der Leiter der Jungschützen ist immer ein Mitglied des Offiziercorps, genau wie die wesentlichen, ihn unterstützenden Helfer Offiziere sind. Mit ihrer Mithilfe werden u. a. das Kinder-Probevogelschießen und der damit verbundene Familiennachmittag am Schießstand organisiert und durchgeführt. Ein Höhepunkt dieser Jugendarbeit ist sicherlich am Schützenfestsamstag das Kindervogelschießen, sowie das Kinderfest in der Schützenhalle, dessen Organisation und Gestaltung zu ganz wesentlichen Teilen von Offizieren übernommen wird. Auch nach dem Ausscheiden aus der Jungschützenkompanie werden die Jugendlichen und Heranwachsenden in der 3. Kompanie von Offizieren weiter betreut: von dem Junggesellenhauptmann und seinen Offizieren.

 

Beim endgültigen Ausscheiden aus der Gesellschaft beim Tode eines Mitgliedes stellt das Offiziercorps bei den Beerdigungen immer eine Abordnung, was aus zeitlichen Gründen alles andere als einfach zu organisieren ist.

 

Auch die Aufgabe, die Schützenfeste insbesondere für die jeweiligen Majestäten zu filmen und zu fotografieren, wird seit Jahrzehnten von einem Offizier - unserem Hauptmann Heinz-Wilhelm Allhoff - wahrgenommen.

 

Offizierslaufbahn:

Der Vorschlag zur Wahl eines neuen Offiziers kann ausschließlich von einem Mitglied des Offiziercorps kommen; die Aufnahme eines neuen Mitgliedes hat einstimmig zu erfolgen, wobei ablehnende Stimmen nicht begründet werden müssen. In § 18 der Satzung der Plettenberger Schützengesellschaft ist geregelt, dass ".. alle übrigen Offiziere (außer dem Oberst) vom Offiziercorps gewählt werden". Der Oberst des Offiziercorps wird von dem Offiziercorps vorgeschlagen und von der Jahreshauptversammlung gewählt; der Oberst ist satzungsmäßig aufgrund der vorstehenden Legitimation jeweils Mitglied des Vorstandes der Gesellschaft.

 

Die Namen von zwei Familien sollen in diesem Zusammenhang besondere Erwähnung finden:

Die Familien Römer und Wilmink - jeweils Vater und Sohn - haben in den letzten Jahrzehnten bisher je zweimal den Oberst gestellt, und zwar in folgender Reihenfolge:

​

1. Horst Römer (1962-1974) - später langjähriger Ehrenoberst, König und Begründer der Jungschützenkompanie -,

2. Gerhard Wilmink (1974-1981) - als Schützenkönig aus dem Amt geschieden -, anschließend Udo Balshüsemann (1981-1993), dem nach seinem Vogelschuss

3. Detlef Römer (1993-2000) - später ebenfalls Schützenkönig - folgte.

4. Rolf G. Wilmink (ab dem 31.03.2000) als amtierender Oberst setzt diese Familientradition fort.

 

Auf folgende Besonderheit ist dabei hinzuweisen, daß aufgrund einer ungeschriebenen Regel ein Schützenkönig aus dem Offiziercorps ausscheiden muß.

 

Die Altersstruktur des Corps weist zum Berichtszeitpunkt eine Altersspanne von 21 bis 62 Jahren auf, eine Mitgliedsdauer von 20 – 30 Jahren ist keine Seltenheit. Das Offiziercorps stellt nicht nur einen Querschnitt aus allen Altersstufen, sondern auch aus einer Vielzahl von Berufsgruppen dar. Durch diese Vielfalt ergibt sich automatisch eine differenzierte Sicht der Dinge, sowie unterschiedliche Lösungsansätze für bestehende Aufgaben.

 

Das Offiziercorps stellt ein harmonisches Team dar, wobei über das "Dienstliche" hinaus viele private Freundschaften und ein fester Zusammenhalt entstanden sind. Nach dem Motto "einmal Offizier, immer Offizier!" hat sich vor einigen Jahren sogar ein Club der ehemaligen Offiziere gebildet; das Offiziercorps besitzt extra einen Verbindungsoffizier, um die Kontakte zwischen Ehemaligen und Aktiven noch weiter zu intensivieren.

 

An einem entsprechenden Engagement für die Gesellschaft mangelt es den Offizieren nicht, immerhin stammen 52% (13 von 25) der Könige der letzten 25 Jahre aus dem Offizierscorps, und 66% der momentanen Vorstandsmitglieder sind aktive - oder ehemalige - Offiziere.

 

Es macht Spaß, Offizier zu sein, und irgendwie sind wir alle auch ein bisschen stolz darauf, dieser Institution der Plettenberger Schützengesellschaft angehören zu dürfen. Wir Offiziere freuen uns darauf, zusammen mit allen anderen aktiven und passiven Mitgliedern der Gesellschaft deren Zukunft zu gestalten, so dass wir hoffentlich noch viele Schützenfeste und Jubiläen miteinander feiern dürfen.